Melencolia
von Brigitta MuntendorfMelancholie erfuhr über Jahrhunderte und Kulturen hinweg unterschiedlichste und widersprüchlichste Zuweisungen, sie galt als körperliche Krankheit wie auch Moment der Kontemplation, als Möglichkeit der Überwindung irdischer Leiden und als Schwester der Genialität. Albrecht Dürers rätselhafter Polyeder im ebenso rätselhaften Bild ›Melencolia I‹ ist zu einem Sinnbild für diese Widersprüche und das Unlösbare inmitten menschlicher Sehnsucht nach Erlösung geworden.
Die Uraufführung ›Melencolia‹ erkundet diese Gegensätze musikalisch. Eine Oper als Raum gewordener Hypertext, in dem sich Klang-, Licht-, Körper- und Bildquellen als Elementarteilchen etablieren und in einem fortlaufenden Transformationsprozess immer wieder neu formieren. Im musikalischen, spielerischen und auch strengen Umgang mit Stereotypen aus Renaissance, Romantik, Pop und Kitsch begibt sich das Musiktheater auf die Suche nach dem befreienden melancholic mood.
In 3D-Audio-Landschaften begegnen 14 Instrumentalsolistinnen und Solisten des Ensemble Modern virtuellen Gästen wie dem iranischen Ney-Anban-Virtuosen Saeid Shanbehzadeh oder ihren eigenen digitalen Zwillingen. Künstliche Intelligenzen und synthetisch geklonte Stimmen treffen auf digitale Bildwelten und skurrile Parallelexistenzen, ein unablässiger Strom von instrumentalen und elektronischen Klängen führt das Publikum in vertraute wie surreale Hörräume. Mitten in unserer rational entzauberten Welt zelebriert ›Melencolia‹ eine musikalische Show gegen die Gleichgültigkeit des Universums.
In der Multimediashow ›Melencolia‹ von Brigitta Muntendorf und Moritz Lobeck brillieren die Solisten des Ensemble Modern.Frankfurter Allgemeine Zeitung, Reinhard Kager
[…] überbordend in den Formen und Farben, phantasievoll, witzig und reich an Assoziationen. Und es ist vor allem eine Hommage an das Ensemble Modern, die instrumentaltechnischen Fähigkeiten der spielfreudigen Musikerinnen und Musiker, die sich auch szenisch, in Kostüm und langhaarigen Perücken, sprechend und singend einbringen.Schwäbische Zeitung Sigmaringen, Katharina von Glasenapp