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The Cave

Video-Oper von Steve Reich und Beryl Korot

In ihrer 1993 bei den Wiener Festwochen uraufgeführten Gemeinschaftsproduktion ›The Cave‹ folgen der Komponist Steve Reich und die Videokünstlerin Beryl Korot den Spuren der Beziehung zwischen Juden und Moslems. ›The Cave‹ vergegenwärtigt die 4000 Jahre alte biblische Geschichte von Abraham, seinen Frauen Sarah und Hagar sowie den Söhnen Ishmael und Isaak und bildet zugleich die zur Zeit der Entstehung des Werks in den Jahren 1989–1993 herrschende politische Situation im Nahen Osten ab – ein permanent aktuelles Thema, das durch die jüngsten Entwicklungen eine erhöhte Brisanz erhalten hat.

›The Cave‹ basiert auf Interview-Aufnahmen mit Israelis, Palästinensern und Amerikanern. Die Antworten auf die stets gleichen fünf Fragen »Wer war Abraham? Wer war Sarah? Hagar? Ismael? Und Isaak?« spiegeln die unterschiedlichen Sichtweisen der verschiedenen Kulturkreise wider und entwerfen ein Kaleidoskop an Erinnerungen und Reflexionen. Beryl Korot hat dieses Video-Interviewmaterial fragmentarisiert und mit Computerprints von Bibel- und Koranzitaten angereichert. Auf fünf großen Videoleinwänden erscheinen die Bildse-quenzen vervielfältigt, simultan überlagert und zeitversetzt geschachtelt. Diese Bild- und Stimmdokumente bilden die Grundlage für die instrumentale Musik: Steve Reich nimmt die Sprechmelodien als musikalisches Ausgangsmaterial, verdoppelt und harmonisiert sie. Mit ›The Cave‹ begründeten Steve Reich und Beryl Korot eine »neue Art des Musiktheaters« in Form einer »Video-Oper«, die Musik mit multiplen Videos dokumentarischen Charakters kombiniert.

[Steve Reich] destilliert Melodien und Rhythmen und erhält reine Musik. Unglaublich, wie perfekt das klappt, wie die Musiker sich auf die ständig wechselnden Rhythmen einlassen, wie präzise Brad Lubman zur Filmprojektion dirigiert und Norbert Ommer die mikrofongestützten Klänge mischt.Frankfurter Neue Presse, Andreas Bomba
Am Anfang mag das Wort gewesen sein, am Ende bleibt die musikalische Dimension der Sprache als ihr neuer Inhalt. Dies gelingt beinahe unmerklich und schließlich so perfekt, dass die Menschen, die eben noch sprachen, auf einmal zu singen scheinen.Süddeutsche Zeitung, Helmut Mauró
Also eine höchst originelle Konstellation für ein Bühnenwerk, dessen besondere Pointe die überaus enge kompositorische Verzahnung der montierten gesprochenen Interviewtexte mit den vokalen und instrumentalen Klängen ist.Frankfurter Rundschau, Hans-Klaus Jungheinrich
›The Cave‹ hat 20 Jahre nach seiner Ur­aufführung nichts von seiner Aktualität eingebüßt, vermutlich weil es sich auf keine [...] eindeutig am Tages­geschehen orientierte Frage­stellungen festlegt.taz, Tim Caspar Boehme