Landschaft mit entfernten Verwandten
Musiktheaterwerk von Heiner Goebbels
Der Titel erinnert an Gemälde alter Meister wie Nicholas Poussin, die nicht um eine zentrale Perspektive herum angeordnet sind und es somit dem Betrachter ermöglichen, seine eigene Sichtweise zu wählen. Diesem Prinzip gehorchend, entwickelt Heiner Goebbels in seiner Oper keine lineare Geschichte, sondern schafft ständig wechselnde Bilder mit aus verschiedenen Kulturen und Epochen stammenden Personengruppen. Das Libretto dieser Oper für einen Bariton, einen Schauspieler, 8 Chorsolisten und 18 Instrumentalmusiker besteht aus Texten, Erzählungen, Abhandlungen und Gedichten von Leonardo da Vinci, Giordano Bruno, Francois Fénelon, Gertrude Stein, Henri Michaux, T.S. Eliot, Michael Foucault u.a.. Die Musiker des Ensemble Modern bleiben dabei nicht im Orchestergraben, sondern sind zusammen mit den Sängern die sich ständig wandelnden Darsteller dieser bilderreichen Oper.
›Landschaft mit entfernten Verwandten‹ entspricht, nach eigenen Worten des Komponisten, einem musikalisch-literarischen Rundgang durch ein Museum, bei dem immer wieder verstörende, berührende Bilder lebendig werden: Barocke Gesellschaften, tanzende Derwische, brennende Städte und abgehalfterte Cowboys.
Im Jahr 2002 uraufgeführt, hat das Werk während seiner zahlreichen Aufführungen ständige Weiterentwicklungen erlebt, die zuletzt nach den Stadien eines Radio-Hörstücks und einer konzertanten Bearbeitung unter dem Titel ›Bildbeschreibungen zu einer Fassung auf CD‹ geführt haben, die 2007 bei ECM in München erschienen ist. Diesen Prozess setzte das Ensemble Modern gemeinsam mit Heiner Goebbels fort und erarbeitete 2010 eine neue ›Frankfurter Fassung‹, die die Instrumentalisten noch stärker auf der Bühne integriert, die Szenografie von Klaus Grünberg und die Kostüme von Florence von Gerkan beibehält, jedoch ein intimeres Format besitzt, ohne dabei auf die Tiefenschärfe der Szenen zu verzichten. Die Frankfurter Fassung wurde 2013 im Bockenheimer Depot erstaufgeführt.